
Willkommen zum Jahresabschluss von Track17. Hier findet ihr alle Listen, Texte und Playlists für die beste Musik 2018. Hier geht’s im Finale unseres Jahresrückblicks um die Top 50 Alben des Jahres 2018. In Teil 1 haben wir die Top 10 Reissues und Compilations vorgestellt, in Teil 2 die 40 besten EPs und zuletzt in Teil 3 die 100 besten Songs
Hier kommt ihr direkt zu der Spotify-Playlist für die TOP 50 ALBEN 2018.
Im Account seht ihr auch die Playlists zu den EPs und Songs sowie der allgemeinen Podcast-Playlist.
Bevor es endgültig in die Liste geht: Vielen Dank für jede Minute, in der ihr 2018 Track17 gehört habt, in der ihr den Podcast weiterempfohlen habt, die Playlist gehört habt oder – und das ist uns noch wichtiger – die Platten gekauft habt, die wir vorgestellt haben. Wir freuen uns auf 2019, aber jetzt geht’s los, die letzte Liste des Jahres, die 50 besten Alben 2018.
01
Skee Mask
Compro
Ilian Tape

„Ich bin Moni und ich steh‘ auf die neuen Hits – und bei Bruno Mars, da schmelz‘ ich dahin“. Corona hatten Recht. Ja, das ist der Rhythmus der Nacht. Aber keine, die in Clubs stattfindet und wenn doch, hat man diesen im Kopf eingerichtet und ist alleine auf der Tanzfläche. Was der Münchener Bryan Müller hier als Skee Mask abliefert ist sensationell. „Compro“ kann diese Kontraste, die eigentlich nur den alten WARP-Helden vorbehalten waren. Die hektischen, leichten Drums, die sich bei Transmission-Samples über die kurz ausbreitenden Synths legen, die löchrigen Ambient-Teppiche mit so viel Liebe zur Melodie, die Armhaar-Aufsteller-Momente z.B. In „Flyby Vfr“, bei denen der Fokus ständig zwischen den Piano-Elementen und dem trippelnden Breakbeat wechselt, ein Track, der jede Winternacht um 3.27 Uhr zum kleinen großen Ereignis werden lässt, aber auch dann alles gibt, wenn die Sonne Überstunden aufbaut, wie in diesem Sommer. Geschichtsstunde und Zukunftsvision in einem. Oder: Das beste Album 2018.
02
Martyn
Voids
Ostgut Ton

In den hiesigen Plattenregalen ist der Niederlänger ohnehin im Legendenstatus angekommen, was aber diese hochgradig fantastische Aufarbeitung seines gesundheitlichen Schicksalsschlages in Sachen Garage und 2Step angeht, war Martyn maximal vor zehn Jahren so gut. 2011 hatte ich noch den Traum, diese Musik würde es für immer geben, „Voids“ lässt diesen immerhin für eine gute Stunde weiterleben.
03
Actress x London Contemporary Orchestra
LAGEOS
Ninja Tune

Gemeinsam mit den Klangerneuern des LCO hat sich Actress wochenlang eingeschlossen und etlichen Tracks seiner Disografie Experimente unterzogen und in so selten dagewesener Art Neues erschaffen, was wir so sonst niemals hätten hören können. Neue Musik, Techno, Ambient, Noise, Klassik und House. Aber in der Summe so viel mehr wert als seine Einzelteile.
04
Dabrye
Three/Three
Ghostly International

Der verspätete Abschlus der „Three“-Trilogie ist eigentlich fast eher Mixtape als Album, aber eine so stilsichere Ansammlung an Hip-Hop-Beats aus einer anderen Welt mit einer so langen Gästeliste kann nur funktionieren. Dass sich das Rap-Rad auch 2018 noch in abseitigeren und sonst eher auf Stones Throw zu findenden Gefilden dreht, beweist Dabrye hier eindrucksvoll.
05
Exploded View
Obey
Sacred Bones

Das zweite Album der Post-Punk-Nowaver um Anika Henderson verzichtet auf die unterkühlte One-Take-Düsternis des Debüts und setzt auf unterkühlte Multi-Take-Düsternis, die dieses Mal in vielen Sessions ausgefeilt und ausgearbeitet wurde. Die dunkle Stimmung, die repetitiven, schroffen Melodien und jede Menge Hits, die in dieser Welt keine sein dürften.
06
Qnete
Play-Doh Stories
777 Recordings

Marvin Uhde knallt Bremen auf die House-Landkarte und hat die in den letzten Jahren gebastelten Tracks für ein fantastisches Album für das wie gewohnt geschmackssichere Label 777 zusammengestellt. Druckvoller, aber verspielter und melodiöser Techno, der den Schmutz aus den Maschinen mitbringt. Ein überhörtes Album, das sich seine Aufmerksamkeit in jedem Fall verdient hätte.
07
Ross From Friends
Family Portrait
Brainfeeder

Als das sehnsuchtsvolle, holprige „The Knife“ irgendwann seinen hundertsten Durchgang feierte, waren alle Tore offen. Ein abgefahrenes, ein wahnsinniges Album – hier regiert Nostalgie in der Musik des Jetzt, es lässt sich nur noch erahnen, dass RFF mal als Poster in den Kinderzimmern der LoFi-Jünger die Welt von der Wand betrachtete. Sorry, Chandler, aber 2018 war Ross zum dritten Jahr in Folge vorne dabei.
08
Bruce
Sonder Somatic
Hessle Audio

Hessle Audio kommt auch in Albenform nicht an ihrem x-ten Frühling vorbei und dieses wuchtige, schroffe Stück Britbass ist die konsequente Antwort auf die Frage, wie man diese Musik in das Jahr 2018 retten kann, ohne von der „Um, actually“-Retro-Polizei verhaftet zu werden. Die gut geölte wonkyness, der Acid-Anteil, die Tieeeeefe und die Vocal-Samples, vor der zu viele mittlerweile Angst hätten. Großartiges Album.
09
Hubbabubbaklubb
Drømmen Drømmerne Drømmer
Snorkel
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Wie kann man dieses Album hören und dabei nicht anfangen so absurde Dinge zu tun wie z.B. lächeln oder tanzen? Es mag abwegig wirken, aber dieser discoide Funk-Pop-Herbsttraum erzwingt selbst beim Schreiber dieser Zeilen Gefühle von „gut“. Ich weiß doch auch nicht, wie das heißt. Seid ihr auch schon Mitglied im Hubbabubbaklubb?
10
Molly Nilsson
Twenty Twenty
Dark Skies Association

Wir wissen alle noch nicht so wirklich, was 2020 alles auf uns wartet (außer guter Musik), aber Molly Nilsson hat sich 2018 schon einmal Gedanken dazu gemacht. Der vernebelte Synth-Pop gibt sich auch auf Album Nummer 8 wieder catchy bis betörend und mit Blick auf die aktuelle Schieflage da draußen.
11
The Orielles
Silver Dollar Moment
Heavenly Recordings

Dem besten Song 2017 („Sugar Tastes Like Salt“ solltet ihr mittlerweile auch um die 100x gehört haben) haben die noch immer viel zu jungen Boys und Girls ein Album nachgelegt, das sich von Hit zu Ohrwurm angelt und dem sonst so spröden Indie-Rock 2018 den nötigen Funk verleiht, den es verdient. Mehr davon, bitte.
12
DJ Healer
Nothing 2 Loose
All Possible Worlds

Die mit großem Buhei angekündigten Alben unter neuen Namen zogen die Stile der alten Aliase in das Jahr 2018. Der sanfte, um dezente Breakbeats, Ambient und viele Schwebende Klänge angereicherte House hat so wie schon die Platten von Traumprinz oder Prince of Denmark dieses leicht naive und verträumte an sich, das „Nothing 2 Loose“ zum Sieger der beiden am selben Tag veröffentlichten Platten werden lies.
13
Rezzett
s/t
The Trilogy Tapes

Der schroffe LoFi-Charme des Duos, das aus dem sich nun bekennenden Tape und einem weiterhin anonym bleiben wollenden Kollegen, der natürlich Lukid ist, besteht, ging schon auf den ersten beiden EPs voll auf. Aus den krustigen House-Beats schälen sich Durchgang für Durchgang wundervolle Melodien und sorgen für ein echtes Highlight auf Trilogy Tapes.
14
Beak>
>>>
Invada Records

Von den improvisierten Kraut-Skizzen der Band-Frühzeit spielte sich das Trio um Barrow zaghaft immer weiter in Richtung ausformulierte Songs, tauchte tiefer in verspulten 60s-Space ein und spült so ein paar veritable Ohrwürmer an. Das Warten auf neue Songs von Portishead war irgendwie nie so einfach.
15
Djrum
Portrait With Firewood
R&S

Klassik, Ambient und Late-00s Britbass, der grummelnde, tiefe Beats mit Piano und Cello bekanntmacht und dass man das daheim so gut hören kann, wie im Ballerschuppen eures Vertrauens – geschenkt. Hier mutieren Überbleibsel der goldenen Dubstep-Ära zu modernen Alleskönnern, welche R&S mal wieder einen Hit bescheren.
16
S4U
Heart 2 Say
Different Recordings

„Friends“ war 2017 der legendäre smoothe 90s-R&B-Entwurf für alle, die wie ich mit Aaliyah oder TLC damals die Nachmittage verbrachten. Der Uptempo-Stil, der von den anderen Spieler*innen zu oft ignoriert wird (R&B ist zum Tanzen da, kids) wird auf dem ersten Mixtape des Duos aus London auf die Spitze getrieben und ist das Beste, was dem Genre passieren konnte.
17
Against All Logic
2012 – 2017
Other People

Da rede ich mir jahrelang ein, den pluckernden Kunscht-Tracks von Jaar meine Liebe geben zu wollen, da falle ich letztlich doch lieber auf die souligen Sample-Houser mit ihren Kinder- und Souldiva-Chören oder Balearic-Pianos rein, die er fünf Jahre in Schubladen liegen ließ, weil er sich nicht eingestehen wollte, dass er das ja dann doch besser kann. Und wie er das kann.
18
Die Wilde Jagd
Uhrwald Orange
Bureau B

Die komplett wahnsinnige, fast schon dadaistische Kraut-Psychedelia mit ihren absurden Texten, den catchy Dauer-Loops und dem unwirklichsten Überhit der gesamten Dekade („2000 Elefanten“) zwischen Kunst und Klapse ist so ein Album, über das man kaum schreiben will, weil sich jedes Wort so falsch wie richtig anfühlt. Verlauft euch nicht, ihr kommt da nie wieder raus.
19
Steve Hauschildt
Dissolvi
Ghostly International

Der Ex-Emeralder mit dem wohlig-warmsten Herbst-Decken-Album für alle Computer-Menschen. Sanfte mit Vocals versetzte Electronica, die im Double-Feature nach der SAW 85-92 aufgelegt werden sollte und das ist das größte Kompliment, was man der Platte machen kann. Zu „Saccade“ bitte ehrfürchtig die Luft anhalten.
20
Tirzah
Devotion
Domino Recordings

Micachus BFF war schon in EP-Form eine Wucht. Weirdo-Pop in Schieflage, Mumble-Dance. Das Album ist nicht weniger stilsicher, dafür minimalistischer, selten im futuristischen Hyper-R&B 2018. Das allerdings geht auf. Jede Idee sitzt, jede Nicht-Hook bleibt. Gerade „Gladly“ bleibt. Mindestens als einer der Songs des Jahres.
21
Oneohtrix Point Never
Age Of
WARP

Das Zeitalter der Meta-Musik, in dem nichts mehr sicher ist, hat niemand so gut verstanden wie Daniel Lopatin, der kosmische Krautmusik, New Age, R&B und Ambient zu einer neuen Definition von elektronischem Pop braut. Ein absurdes Post-Alles-Album, das nach seinem überragendem Soundtrack für „Good Times“ sein zweites fettes Ausrufezeichen in einem Jahr und die endgültige return to form.
22
Vril
Anima Mundi
Delsin

Giegling-Stans haben die Platte schon bei der letzten Welttour abgegriffen und händereibend dreistellige Ziffern bei Discogs eingetragen. Die wartende Zunft darf sich die dritte Vril-Platte jetzt über Delsin in das Ohr legen. Welch ein Gewinn. Knapp 80 Minuten dubbiger, deeper Techno, der umfassend erlebbar macht, was man in diesem Genre so alles spüren kann.
23
Appleblim
Life In A Laser
Sneaker Social Club

Bei den Britbasslern war das Album damals ja eher die Zugabe, weshalb sich auch Appleblim mehr als zehn Jahre Zeit gelassen hat, um bei den Retro-Checkern vom SSC jetzt crispe, elegante Breakbeat-House-Tracks abzuliefern, welche mich gedanklich ins ewig weit entfernte Jahr 2008 schmeißen.
24
Freund der Familie
Omega
Freund der Familie

Neun Jahre nach meiner ersten Begegnung mit den Familienfreunden war das zweite Album (das erste hieß „Alpha“, duh) wieder so formschöner Ambient-Dub. Es wird gepluckert, getupft und es geht vor allem tief, sehr tief. Leider wollte mal wieder niemand etwas davon wissen. Seid nicht wie die anderen, holt es nach.
25
DJ Koze
Knock Knock
Pampa

… who’s there? Kosi und all his friends. Was bei Albarns digitaler Truppe mittlerweile anstrengend wirkt, funktioniert hier bestens. Alle Gäste (vor allem Sophia Kennedy und Speech) bringen der abgeklärten und selbstbewusst langen House-Party von Kozalla ihr bestes Rezept mit und machen aus „Knock Knock“ die beste Platte seit „Kosi Comes Around“.
26
Perel
Hermetica
DFA

Es mag ja unter Glück oder Schicksal abgeheftet werden, dass Annegret Fidler zum ersten deutschen DFA-Signing wurde, verdient ist es allemal. Krautiger, melodischer und irrsinnig guter House, der vom tiefsten Technokeller bis in den wavigen Weltraum alle abholen sollte. Und „Alles“ ist alles.
27
Hana Vu
How Many Times Have You Driven By
Luminelle Recordings

Ich hätte mit 18 ja auch gerne Songs wie „Afternoon“ oder „Crying On The Subway“ geschrieben. Hana Vu scheint nie etwas anderes gemacht zu haben als verträumte, in klingelnde Gitarren und HipHop getauchte Musik zu basteln, gerne mehr. 2010 hätten wir übrigens in mehreren Absätzen krampfhaft versucht, die Bezeichnung „Chill Wave“ zu vermeiden.
28
Gábor Lázár
Unfold
The Death Of Rave

Das wahnwitzige Album auf das Objekt dieses Jahr wohl leider keine Lust mehr hatte (der fehlt in dieser Liste nicht ohne Grund), ist von Großmeister James abgesegnete zittrige, scharf angespitzte IDM, die mit so viel Funk im Tank die eiskalten Maschinen zum Glühen bringt.
29
Marie Davidson
Working Class Woman
Ninja Tune

Im motivationsstiftenden Tschakka-Subgenre der WORKIT-Damen ist Marie Davidson natürlich schon aufgrund ihrer sprechsingenden Coolness und den richtigen Ansagen aus der richtigen Perspektive zur richtigen Zeit vor Britney. Jetzt werft noch ihren klassischen New-Wave, Industrial und Dark-Entries-House drüber und ich push mich auch die bächste Woche zur Arbeit.
30
Jurassic Shark
Overflow
s/t

Vor zwei Jahren noch 7“-Sensation ist das viel zu kurze, aber auf den Punkt gepolterte Jangle-Rock-Debüt mit mehr Energie gerüstet, als ich nach (hier eine große Zahl einfügen) Flaschen Mate. Bitte eure Haare, Arme und Füße zu „Shadow“ über die Tanzfläche eurer Wahl werfen und alles wird gut. Versprochen
31 – 35
Was noch? Minimalistischer Existenzialisten-Rap wie der von von Ka mit Hermit & The Recluse sorgt nur bedingt für Nackenkrämpfe, muss aber gehört werden, der verhuschte tieftraurige Experimental-Pop von Yves Tumor wird gekonnt, aber umso überraschender um Breakbeat und Britpop erweitert, der nicht greifbare Funk-House von Will DiMaggio umschmeichelt euch mit einem Kilo Hi-Hats pro Sekunde die Ohren, Grouper improvisiert sich mal wieder in die dunkelsten Ecken der Gemüter (seufz) und Answer Code Request sitzt erneut zwischen allen Bass- und Techno-Stühlen.
36 – 40
Was noch? Der Dekaden-Vorrat an neuem Autechre-Wahnsinn (acht Stunden Hirn-Dekonstruktion für eine halbe Monatsmiete klingt fair) zum Beispiel oder die musikalische Brücke zwischen Düsseldorf und Tokio, die Airchina mit analogem Maschinen-Ambient schlägt, das Breakbeat-Revival, das тпсб eröffnete, zuverlässiger Deep House von Chef-Romantiker Lawrence und funkige Sonnenuntergangs-Sounds für laue Herbstabende von Julien Dyne.
41 – 45
Was noch? Eine abenteuerliche Agenten-Mär, absurde Freak-Pop-Spinnerein und Fragezeichen, die aus dem Ohr fallen. Herzlich Willkommen in Korea bei MB Jones. Dazu höchst (eher: tiefst) britischer Nackenwipper-R&B von Jorja Smith, ein bisschen Oldskool Grime, der es sich bei Degs auf Wohlfühl-D&B gemütlich macht, die immer zuverlässigen Shopping mit der dritten Auflage ihres zappelnden Dance-Post-Punk und Maurice Fulton, der uns schon lange nichts mehr zu beweisen hat und mit Syclops gerade dann am besten/abgefahrensten ist.
46 -50
Was noch? Uk Rave lebt in Jamie Russels Bristol-based Garage-Label weiter, auf dem Etch mit seinem Breakbeat-Hammer Vergangenheitsbewältigung betreibt, während der zackige Rumpel-Rock aus Portlandia den Geheimtippstatus der Lithics als Frevel entblößt. Der verschrobene Acid-Techno von Helena Hauff kann auch im Hauptprogramm auf Ninja Tune bestehen, das sample-wütige Britbass-Grime-Bilderbuch von Proc Fiscal zählt bis 160bpm und dank der RAYS gibt es auch 2018 noch Bands, die auf Jangle-Gitarren und Melodien (!) setzen.